Hosting-Provider wie Hostpoint stellen die technische Infrastruktur zur Verfügung, auf der digitale Inhalte veröffentlicht werden. Doch was passiert, wenn Hinweise auf problematische Inhalte eingehen – etwa weil Persönlichkeitsrechte verletzt, Urheberrechte tangiert oder strafrechtlich relevante Inhalte vermutet werden?
Die Swico hat in diesem Jahr den Code of Conduct Hosting (CCH) gezielt überarbeitet, um ihn insbesondere besser auf den Digital Services Act (DSA) der EU auszurichten und um die bisherigen Verfahren mit konkreteren Beispielen und strukturellen Klarstellungen zu ergänzen. Ziel ist es, Schweizer Hosting-Providern seit Inkrafttreten am 1. April 2025 ein Verfahren an die Hand zu geben, das internationalen Standards entspricht und dennoch die Prinzipien von Eigenverantwortung und Vertragsfreiheit wahrt.
Hinweis:
Swico ist der Wirtschaftsverband der digitalen Schweiz mit Sitz in Zürich. Er vertritt über 700 Unternehmen aus der ICT- und Onlinebranche in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Neben politischer Interessenvertretung engagiert sich Swico auch für nachhaltige Lösungen wie das nationale Rücknahmesystem für Elektro und Elektronikgeräte. Zudem betreibt der Verband Fachgremien und Arbeitsgruppen (z. B. Hosting, Cybersecurity), in denen konkrete Standards und Kodizes wie der CCH und der Code of Conduct Domainnamen (CCD) entwickelt werden.
Was genau ist der CCH?
Der Code of Conduct Hosting (CCH) ist ein auf Selbstregulierung basierender und freiwilliger Verhaltenskodex für Hosting-Provider in der Schweiz. Er wurde 2012 von der Swico als Reaktion auf die zunehmende Unsicherheit im Umgang mit rechtswidrigen oder problematischen Inhalten auf gehosteten Websites ins Leben gerufen. Im Zentrum stehen die sogenannten «Notice-and-Notice»- und «Notice-and-Takedown»-Verfahren – also Abläufe, wie mit Hinweisen auf möglicherweise rechtswidrige Inhalte umzugehen ist, die über Hosting-Dienste öffentlich zugänglich gemacht werden.
Ziel war es, einen klaren und praxisnahen Rahmen für ein schnelles, verantwortungsvolles Handeln zu schaffen, der Hosting-Anbietern eine Orientierung für den Umgang mit diesen Hinweisen bietet.
Wichtig:
Der CCH ist nicht dafür gedacht, willkürliche oder wettbewerbsmotivierte Beschwerden zu legitimieren, beispielsweise wenn ein Dienstleister versucht, einen Mitbewerber gezielt vom Markt zu drängen. Der Kodex soll Hosting-Providern eine faire und nachvollziehbare Grundlage für den Umgang mit glaubhaften Hinweisen bieten.
Zwei klar definierte Verfahren
Im Zentrum des CCH stehen zwei differenzierte Vorgehensweisen: Das Verfahren «Notice-and-Notice» kommt dann zum Zug, wenn Inhalte möglicherweise, aber nicht offensichtlich unzulässig sind. «Notice-and-Takedown» hingegen erlaubt ein rascheres Eingreifen in Fällen, bei denen die beanstandeten Inhalte mit hoher Wahrscheinlichkeit unzulässig sind. Beide Verfahren wurden in der aktualisierten Version sprachlich überarbeitet und durch Beispiele ergänzt, um die Anwendung in der Praxis zu erleichtern.
-
Notice-and-Notice-Verfahren
Beispiel: Eine Person meldet, dass ein Blogbeitrag auf einer Kundenwebsite ehrverletzende Aussagen über sie enthält. Der Hosting-Provider prüft die Eingabe, leitet sie an den entsprechenden Website-Betreiber weiter und gibt diesem die Möglichkeit, Stellung zu nehmen, die Inhalte zu überarbeiten oder sie zu entfernen. -
Notice-and-Takedown-Verfahren
Beispiel: Auf einer gehosteten Website wird ein Gewaltaufruf gegen eine Personengruppe veröffentlicht. Der Provider kann sofort handeln und auch ohne Rückmeldung des Kunden die Seite vorübergehend sperren.
Berücksichtigung europäischer Vorgaben
Die Europäische Union hat mit dem Digital Services Act (DSA) ein umfangreiches Regelwerk geschaffen, das auch Schweizer Hosting-Provider betreffen kann, sofern sie gezielt Dienste für eine Kundschaft im EU-Raum anbieten und im grösseren Stil im Ausland auch tatsächlich bewerben. Der überarbeitete CCH integriert zentrale Anforderungen dieses Gesetzes in das Schweizer Verfahren.
Das Ziel der Anpassung des CCH hinsichtlich des DSA ist es, die international anerkannten Notice-and-Notice- und Notice-and-Takedown-Verfahren zu standardisieren und dabei gleichzeitig die in der Schweiz verankerten Prinzipien von Vertragsfreiheit und Eigenverantwortung zu wahren. So erhalten Hosting-Provider wie Hostpoint eine rechtssichere, aber unbürokratische Grundlage, um ihrer Vermittlerrolle im digitalen Raum verantwortungsvoll nachzukommen – auch im grenzüberschreitenden Kontext.
Organisatorische und vertragliche Anforderungen
Neben den technischen und inhaltlichen Verfahren regelt der CCH auch, wie Hosting-Provider Hinweise möglichst effizient bearbeiten können. Dabei geht es nicht nur um Erreichbarkeit und Zuständigkeit, sondern auch darum, dass das Verfahren verbindlich und transparent gegenüber den Kunden kommuniziert wird.
Hosting-Anbieter müssen:
- über eine zentrale Anlaufstelle für Beschwerden verfügen,
- in ihren AGB auf das Verfahren verweisen und
- ihre Kunden dazu verpflichten, rechtmässige Inhalte bereitzustellen.
Ob anonymer Hinweis, Persönlichkeitsrechtsverletzung oder Strafanzeige: Der CCH bietet Hosting-Providern einen klar strukturierten Fahrplan, um mit solchen Fällen sachlich, transparent und rechtskonform umzugehen.
3 Fragen an Marco Bühler, Head of Customer Care
Hostpoint ist nicht nur Swico-Mitglied, sondern wirkt auch in der Fachgruppe IG Hosting mit, die für die Überarbeitung des CCH verantwortlich war. Wie wir zur Entwicklung des neuen CCH beigetragen haben, warum uns dieses Thema besonders am Herzen liegt und was das für unsere Kunden bedeutet, beantwortet uns Marco Bühler, Head of Customer Care, in drei Fragen:
Warum engagiert sich Hostpoint für diesen Verhaltenskodex?
Weil wir als Hosting-Provider sowohl gegenüber unseren Kunden als auch gegenüber der Gesellschaft Verantwortung tragen. Es geht darum, Inhalte zugänglich zu machen, ohne wegzuschauen, wenn diese problematisch sind. Der CCH hilft uns, in solchen Fällen besonnen, rechtssicher und für alle Beteiligten nachvollziehbar zu handeln. Ist der Fall jedoch nicht eindeutig, müssen die Parteien dies entweder unter sich direkt ausmachen oder schlussendlich eine gerichtliche Instanz darüber entscheiden lassen.
Welche konkreten Vorteile ergeben sich für die Kunden von Hostpoint daraus?
Beschwerden gegen Inhalte auf einer Website können direkt und unkompliziert an den Urheber der Inhalte weitergemeldet werden. Ohne den CCH müssten die Antragsteller den offiziellen Rechtsweg beschreiten, was für beide Streitparteien i. d. R. einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet. Hinzu kommt, dass ein gewisses juristisches Vorwissen oder Unterstützung in diesem Bereich benötigt werden könnte. Insofern spart der CCH allen Beteiligten wertvolle Ressourcen.
Der CCH ist freiwillig. Warum braucht es dennoch so ein Regelwerk?
Weil die digitale Öffentlichkeit Regeln braucht, die auch ohne staatliche Eingriffe funktionieren. Der CCH ist ein Zeichen, dass wir als Branche selbst Verantwortung übernehmen.
Ergänzende Regeln für Domainnamen
Neben dem Code of Conduct Hosting gibt es auch einen Verhaltenskodex für den Umgang mit problematischen Domainnamen: den Code of Conduct Domainnamen (CCD). Dieser richtet sich an Schweizer Domainregistrare und beschreibt, wie bei Beschwerden über vermeintlich missbräuchlich registrierte oder genutzte Domains vorzugehen ist. Auch hier kommen strukturierte Verfahren wie Notice-and-Notice oder Notice-and-Takedown zur Anwendung, angepasst an den Kontext der Domainverwaltung. Ein typischer Fall wäre etwa eine Domain, die eine bekannte Marke imitiert und beispielsweise für einen betrügerischen Shop genutzt wird.
Fazit
Der Code of Conduct Hosting stärkt die Selbstverantwortung der Branche und schafft klare Prozesse für den Umgang mit Beschwerden. Für Hostpoint ist er ein Bekenntnis zu Fairness, Transparenz und einem verantwortungsvollen digitalen Miteinander. Unsere Kundschaft kann sich damit darauf verlassen, dass gemeldete Inhalte sorgfältig geprüft und nachvollziehbar behandelt werden.